Gesundheitslexikon
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Gicht

(Arthritis urica). Die klassische Gicht ist eine erbliche Stoffwechselstörung, die früher als »Wohlstandskrankheit« galt. Während die Gicht in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts extrem selten geworden war, ist sie heute wieder eine häufige Krankheit, die entsprechend den nivellierenden Konsumverhältnissen alle Bevölkerungsschichten befällt. Es gibt noch eine zweite Form, die sekundäre Gicht, die hauptsächlich als Folgekrankheit bei Störungen der Blutbildung (z. B. bei Polyzythämie, Leukämie), nach Einnahme gewisser Arzneimittel und beim Nierenversagen auftritt. Das Krankheitsbild und die Behandlung ist bei beiden Formen gleich. In der überwiegenden Mehrzahl sind Männer betroffen. Am häufigsten tritt das Leiden zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Bei Beginn im jugendlichen Alter schreitet das Leiden schneller voran und führt zu schweren Gelenkveränderungen. Frauen sind fast nur nach den Wechseljahre
n befallen. – Der Gicht liegt eine Überladung des Blutes mit Harnsäure zugrunde. Die Störung des Gleichgewichts der Harnsäurebilanz kann auf einer übermäßigen Harnsäurebildung oder auf einer verminderten Ausscheidung der Harnsäure durch die Nieren beruhen. Die exzessive Harnsäurebildung ist auf den Verzehr purinreicher Nahrungsmittel (Bries, Hirn, Leber, Nieren, Fleischextrakt, Anchovis, Sardellen, Sardinen) zurückzuführen. Die Harnsäure lagert sich unter bestimmten Bedingungen in der Form von Kristallen in der Innenschicht der Gelenckapsel, im Knorpelgewebe und im gelenknahen Knochen ab. Dies führt unter Auslösung des Gichtanfalles schließlich zur Bildung von Harnsäureknoten (Gichtknoten). Der akute Gichtanfall kann durch folgende Faktoren ausgelöst werden: übermäßiges Essen, Alkoholmißbrauch (besonders Rotwein), gewisse Arzneimittel (harntreibende Medikamente, Penicillin usw.), Strahlenbehandlung, Operationen, Infekte, Verletzungen, körperliche Überanstrengung, seelische Belastungen. – Bei vielen Gichtkranken kommt es zu Nierenschädigungen, Nierensteinen, Arteriosklerose und Hochdruck. In diesen Komplikationen liegen die Gefahren der Gicht. Der typische Gichtanfall beginnt meistens plötzlich in den frühen Morgenstunden noch im Bett oder erst beim Aufstehen. Die Attacke dauert zwei Tage bis mehrere Wochen. Meistens wird zuerst das GroßzehenGrundgelenk (Podagra, Zipperlein) befallen. Das Gelenk ist heiß, rot, trocken, sehr schmerzhaft und schwillt an. Gleichzeitig bestehen ein allgemeines Krankheitsgefühl, Appetitlosigkeit und Fieber. Dem ersten Anfall folgt ein längeres Intervall. Die weiteren Attacken können in immer kürzeren Intervallen auftreten. Nun werden die verschiedensten Gelenke, Sehnenscheiden und Schleimbeutel befallen. Der Zustand der chronischen Gicht ist erreicht, wenn sich dauernde Gelenk389 deformierungen mit Einschränkung der Beweglichkeit ausgebildet haben; die Gichtanfälle werden immer häufiger, auch in den Intervallen bestehen Beschwerden. Behandlung im akuten Gichtanfall: Bettruhe und Ruhigstellung des befallenen Gelenks; der Arzt verschreibt gewöhnlich ein Präparat mit Colchizin (Wirkstoff der Herbstzeitlose). Für die Dauertherapie im Intervall stehen verschiedene ausgezeichnete Präparate zur Verfügung, die den Patienten nicht mehr zu einer strengen Diät zwingen. Immerhin sollen die genannten sehr purinreichen Nahrungsmittel gemieden werden. Anzuraten ist die Umstellung der Eiweißzufuhr von Fleisch und Wurstwaren auf Milch und Ei. Alkohol und Fette sollen ebenfalls eingeschränkt werden. Bei den meist übergewichtigen Patienten ist eine Abmagerung wünschenswert. Als Getränke sind Rohsäfte zu bevorzugen. Zur Behandlung der Spätfolgen sind chirurgische, orthopädische, physikalischtherapeutische und balneologische Maßnahmen erforderlich.

 

 

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