Gesundheitslexikon
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Tuberkulose

Die Tuberkulose ist eine Infektionskrankheit; wir wissen es, seit im Jahre 1892 Robert Koch den Tuberkuloseerreger entdeckt hat. Wir wissen aber auch, dass diese Bakterien allein nicht die Schuld haben, wenn ein Mensch an einer Tuberkulose erkrankt, sondern dass es auch auf die Disposition des einzelnen Menschen ankommt, ob diese Erreger in ihm eine Ansiedlungsmöglichkeit finden oder nicht und in welcher Weise sich der 843 Organismus mit ihnen auseinandersetzt. Für die meisten Menschen ist die Bekanntschaft mit dem Tuberkuloseerreger (der auf dem Wege der Tröpfcheninfektion in die Lunge
oder aber durch Milch von tuberkulösen Kühen oder durch verunreinigte Lebensmittel in den Darm aufgenommen wird) ein unvermeidbares Schicksal. Das lässt sich daran erkennen, dass bei einem großen Teil der Menschen die sogenannte Pirquetsche Reaktion positiv ausfällt. Bei dieser Reaktion wird Tuberkulin (die »giftige« Leibessubstanz der Tuberkelbakterien) in die Haut eingespritzt. Stellt sich an der Stelle der Einspritzung danach eine entzündliche Rötung ein, so beweist das, dass sich der Organismus des Untersuchten zuvor schon einmal mit eingedrungenen Tuberkelbakterien auseinandersetzen musste. Als das geschah, hat sein Organismus Abwehrstoffe gegen die Tuberkuloseerreger gebildet. Diese Abwehrstoffe bleiben unter normalen Umständen ständig in ihm vorhanden, und gelangt jetzt eine winzige Menge Tuberkulin in seine Haut, so sind sie die Ursache dafür, dass sich sogleich an dieser Stelle eine entzündliche Rötung einstellt. Der positive Ausfall der Tuberkulinprobe besagt also –das sei nebenbei bemerkt – nicht etwa, dass der Untersuchte zur Zeit an einer Tuberkulosekrankheit leidet, sondern lediglich, dass er schon einmal in seinem Leben eine Infektion mit Tuberkulosebakterien durchgemacht hat. Damit eine Erkrankung an Tuberkulose entsteht, müssen also zwei Vorbedingungen zusammentreffen: Es müssen Tuberkuloseerreger in den Körper eindringen oder bereits von einem früheren Eindringen her in ihm vorhanden sein, und der Körper muss–etwa durch Hunger oder andere ungünstige Lebensbedingungen oder durch eine vorhergehende andere Erkrankung geschwächt – den Bakterien einen günstigen abwehrschwachen Boden zu ihrem Gedeihen bieten. Aus diesen beiden Vorbedingungen ergeben sich auch zugleich die Wegweiser bei der Behandlung einer Tuberkuloseerkrankung: auf dem einen Weg wird, durch Ruhebehandlung in einer Heilstätte usw., angestrebt, die Widerstandskraft des Organismus möglichst zu heben, auf dem anderen Weg wird versucht, durch Arzneimittel die Erreger so weit zu schwächen, dass die im Organismus vorhandenen Abwehrkräfte mit ihnen fertig werden können. Infiziert sich ein Säugling mit Tuberkulosebakterien, so entsteht eine schwere Allgemeinerkrankung, die, in der Art einer Blutvergiftung, zur Ansiedlung der Bakterien in allen möglichen Organen führt. Erklärlich ist dieses Geschehen, weil der Organismus des Säuglings eine nur sehr geringe Abwehrkraft gegen Tuberkulosebakterien aufzubringen vermag und ihrer Ausbreitung deshalb einen besonders günstigen Boden bietet. – In den meisten Fällen erreichen die Tuberkulosebakterien den Menschen zum erstenmal im Schulalter oder kurz davor. Sie gelangen (siehe oben) in die Lunge oder in die Darmwand und lassen hier einen kleinen Krankheitsherd entstehen, den »Primärherd«, der in seinem Innern zerfällt, ein Vorgang, den man Verkäsung nennt. Schließlich wird in diesen verkästen Primärherd Kalk eingelagert, wodurch die in ihm vorhandenen Tuberkulosebakterien abgekapselt und damit unschädlich gemacht werden. Oft werden auch noch die zu diesem Primärherd »gehörenden« Lymphknoten an der Lungenwurzel (die Hilusdrüsen) bzw. im Bauchraum (wenn der Primärherd in der Darmwand entstand) mitergriffen, die im Laufe der nächsten Zeit ebenfalls eine Verkalkung erfahren. Der Primärherd zusammen mit einer Veränderung der zugehörigen Lymphdrüsen ergeben den so genannten Primärkomplex der Tuberkulose. Damit kann sie ihr Bewenden haben – und oft hat man dem betroffenen Kind »von außen« vielleicht gar nichts angemerkt, oder man hat angenommen, dass es sich um eine harmlose kleine Erkältung handle, als sich das Kind infolge dieser Tuberkuloseinfektion für kurze Zeit etwas unpäßlich fühlte. Wird der Körper später aber in seiner allgemeinen Abwehrlage geschwächt, so kann der Primärkomplex wieder aufbrechen, wodurch es zu einem »zweiten« Stadium der Tuberkulose kommt. Eine Zeit, in der der Körper in dieser Weise gefährdet ist, ist beispielsweise die Zeit der Pubertät. Durch Verbreitung der Tuberkelbakterien auf dem Blut und Lymphweg kann es zu einer allgemeinen Bakterienaussaat in die verschiedenen Organe kommen: Es entstehen in ihnen dann kleine Krankheitsherde, von denen der einzelne etwa die Größe eines Hirseoder Grießkorns hat. (Milium = Hirsekorn; diese Form der Tuberkulose heißt deshalb Miliartuberkulose.) Die Miliartuberkulose ist eine sehr ernste Erkrankung, bei der sich ein Krankheitsbild wie bei einer schweren Blutvergiftung einstellt. Weniger ernst ist die Aussaat der Tuberkelbakterien allein in die Lungenspitzen, die zum Lungenspitzenkatarrh führt. Dieser ist also ein Zeichen dafür, dass der Primärkomplex in der Lunge nicht »ruhig« geblieben ist, sondern dass von ihm aus eine Verschleppung von Bakterien eingetreten ist. Deshalb braucht der Körper jetzt Schonung und Pflege, um den neu aufgeflackerten Abwehrkampf gegen die Erreger siegreich beenden zu können.

 

 

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