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Stillen

Die Mutter sollte ihre Brust schon während der Schwangerschaft auf die Aufgabe des S.s vorbereiten. Sie braucht einen gut sitzenden Büstenhalter zur Stütze und sollte auch die Brustwarzen besonders pflegen. Manche Frauen haben nach innen gezogene, sog. »Hohlwarzen«. Sie wölben sich zwar während der Schwangerschaft allmählich vor, aber es ist besser, wenn man dabei ein wenig nachhilft. Die Hebamme gibt der werdenden Mutter dafür leichte Saughütchen, die sie innen im Büstenhalter, über den Brustwarzen, tragen muß. Dadurch werden die Warzen ständig leicht angesaugt und vorgezogen. Trägt man die Schalen mehrere Monate hindurch, kommen auch die hartnäckigsten Hohlwarze
n heraus.

Im vorgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft produzieren die Brustdrüsen das ) Kolostrum, die Vormilch, eine dickliche, gelbe Flüssigkeit, die aber noch keine Milch ist. Wenn man dicht hinter dem Warzenhof auf die Brust drückt, tritt das Kolostrum durch winzige Offnungen aus. Gleichzeitig werden die Milchdrüsen der Brust angeregt, Milch zu produzieren, sobald das Baby da ist. Es empfiehlt sich also, jeden Tag die Brust ein paar Minuten zu kneten und zu pressen.

Ist das Baby geboren, produziert die Brust noch etwa drei Tage lang das Kolostrum. Während dieser drei Tage wird das Kind angelegt, und sein Saugen wirkt genau wie das Kneten und Pressen vorher, daß heißt also, es regt die Drüsen zur Milchproduktion an. Etwa am dritten Tag »schießt die Milch ein«. Die Mutter merkt, daß ihre Brust hart und fest wird, also voller Milch ist. Jedesmal, wenn das Baby trinkt, produziert die Brust mehr Milch. In den ersten Tagen hat die Mutter manchmal so viel, daß ihr Kind die Milch gar nicht aufbrauchen kann. Wird nichts unternommen, entleert sich die Brust nie vollständig, und es kann eine Brustentzündung (Stauungsmastitis, s. Mastitis) entstehen. Um das zu vermeiden, muß die Mutter lernen, nach dem S. alle Milchreste aus ihrer Brust herauszudrücken oder herauszupumpen.

Manchmal wird die Brust durch die überfülle an Milch so prall und hart, daß das Baby die Brustwarze nicht fassen kann. Dann muß die Mutter vor dem S. ein wenig Milch herauspressen, bis die Brust wieder weicher ist und das Kind die Warze fest und sicher in den Mund nehmen kann.

Nimmt die Mutter dann ihr gewohntes Leben wieder auf, geht der Milchüberschuß zurück, manchmal so stark, daß zu wenig Milch für das Kind da ist. Auch hier hilft wieder das Abdrücken. Völliges Entleeren der Brust regt die Milchproduktion an, und die beste Anregung ist ein hungriges Baby. Hin und wieder braucht das Kind in den ersten Tagen nach der Heimkehr aus der Klinik zusätzliche Flaschenfütterung, bis die Mutter wieder genügend Milch hat.

Manche Mütter glauben, ihre Milch sei nicht gut genug für das Kind, weil sie so »dünn« aussieht. Das ist sie jedoch nicht. Muttermilch ist wesentlich fettarmer als Kuhmilch, daher wirkt sie wohl ein wenig bläulich, und wenn das Kind viel schreit, glaubt die Mutter, daß es ihre Milch nicht verträgt. Doch weitaus wahrscheinlicher ist, daß das Baby einfach häufiger gestillt werden will. Es weiß nicht, daß es nur alle vier Stunden trinken soll. Brustkinder werden schneller wieder hungrig als Flaschenkinder, da die Muttermilch viel rascher verdaut wird als die Kuhmilch.

Haben sich Mutter und Kind erst aufeinander eingestellt, und weiß die Mutter, wie oft ihr Baby gestillt werden muß, gibt das Baby sich auch mit längeren Pausen zufrieden. Viele Brustkinder brauchen nach vier Wochen fünf Mahlzeiten pro Tag und schlafen die Nacht fast durch. Wegen der langen Nachtpause ist die Brust der Mutter morgens sehr voll. Darum sollte die Mutter auch dann wieder ein wenig Milch abdrücken, ehe sie das Baby zur ersten Tagesmahlzeit anlegt.

Während der Stillzeit braucht die Mutter eine gute Mischkost, ähnlich der, die sie während der Schwangerschaft zu sich genommen hat. Auf keinen Fall sollte sie jetzt wegen der Figur hungern! Manche Ärzte und Hebammen sind der Ansicht, daß eine stillende Mutter besonders viel trinken soll, vor allem kurz vor. dem S.; andere jedoch bezweifeln, daß die Milchmenge dadurch erhöht wird.

Was die Mutter auf jeden Fall braucht, ist eine gute Ernährung mit reichlich Fett, Eiweiß und Kohlehydraten. Auch soll sie viel mehr ruhen als die nichtstillende Mutter. Manchmal wird ihr die Ruhe von der Natur aufgezwungen. Viele Mütter stellen nämlich fest, daß sie während der Stillzeit schneller müde werden.

Es muß noch erwähnt werden, daß stillende Mütter, die immer einen guten Büstenhalter tragen, möglichst auch bei Nacht, mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Figur behalten. Werden die schweren Brüste während der Stillzeit nicht ausreichend gestützt, erschlaffen die Muskeln, und die Brust beginnt zu hängen.

Die Pflege sollte sich in dieser Zeit ganz besonders auf die Brustwarzen erstrecken. Manchmal genügt die Fettproduktion der Haut, um das Entstehen schmerzhafter Risse zu verhüten. Die Fettproduktion wird am besten angeregt, wenn man die Brustwarzen jeden Abend mit einer weichen Bürste oder einem Frottiertuch massiert. Vor und nach jedem S. sollten die Brustwarzen mit einem feuchten Wattebausch abgewaschen werden, um die Haut sauber zu halten. Wird die Haut trotz aller Vorsorge leicht trocken, kann man sie nach dem S. mit ein wenig Lanolin einreiben. Auch tadel lose Sauberkeit verhütet eine Mastitis. Im Idealfall sollte die Mutter täglich den Büstenhalter wechseln. Achtet man darauf, daß die Haut nicht aufspringt, so trägt das ebenfalls zur Verhütung der Entzündung bei. Stellt die Mutter fest, daß eine Stelle ihrer Brust empfindlich oder verhärtet ist, sollte sie sofort den Arzt aufsuchen. Im Anfangsstadium läßt sich eine Brustentzündung viel einfacher behandeln.

Vor und Nachteile des S.s:

Muttermilch ist die beste Nahrung für einen Säugling. Kuhmilch ist wesentlich fettreicher und enthält mehr Eiweiß als Muttermilch; sie muß daher, ehe sie einem Säugling gereicht werden kann, verändert werden. Zweitens ist die Muttermilch völlig keimfrei. Kuhmilch hingegen enthält meist Keime und muß vorher sorgfältig behandelt werden, damit das Baby nicht infiziert wird. Trotzdem: Heute gedeiht das Flaschenkind nicht weniger gut als das Brustkind, aber nur, wenn die Mutter alle modernen Erkenntnisse und Methoden anwendet!

Drittens: S. ist sehr bequem. Der hungrige Säugling braucht nicht zu warten, bis das Fläschchen fertig ist. Sobald er trinken möchte, ist immer alles bereit. Darüber hinaus erhält der Säugling über die Milch seiner Mutter Abwehrstoffe gegen bestimmte Krankheiten. So bekommt zum Beispiel ein Kind, dessen Mutter die Masern hat, diese Krankheit mit großer Wahrscheinlichkeit nicht, selbst wenn es sich ansteckt. Ein Flaschenkind erhält diesen Extraschutz nicht.

Und die Nachteile? Die hat eigentlich nur die Mutter. Sie ist ganz an ihr Kind gebunden, solange sie stillt. Sie kann es höchstens einmal für ein, zwei Stunden jemand anderem überlassen, aber sie muß immer da sein, wenn es hungrig wird. Diese Pflicht kann ihr niemand abnehmen. Zwar kann die Mutter sich die Milch abdrücken und für den Notfall in eine Flasche füllen, doch auch das bedeutet keine spürbare Erleichterung. Wird das Kind nämlich nicht zur gewohnten Zeit angelegt, füllt sich ihre Brust so prall mit Milch, daß es recht unangenehm wird und manchmal sogar näßt!

Ist sie mit ihrem Baby zur Stillzeit nicht zu Hause, hat sie vermutlich Schwierigkeiten, ein ruhiges Eckchen zum Füttern zu finden. Es ist auch heute noch so, daß der Anblick einer stillenden Mutter bei uns Erstaunen hervorruft.

Es kommt vor, daß die Mutter in den ersten Tagen nicht genug Milch für ihr Kind hat, vor allem, wenn es ein sehr hungriges Kind ist. Dann muß sie zu ihrer eigenen Milch noch Kuhmilch füttern, und das ist überaus lästig. Es vereint die Nachteile beider Systeme und bietet keinen Vorteil.

Der größte Vorteil für Mutter und Kind ist psychologisch und seelisch bedingt. Die Mutter ist glücklich, für ihr Kind unentbehrlich zu sein, der einzige Mensch, der seine Bedürfnisse befriedigen kann. Aber auch für das Baby ist das S. ein befriedigendes Erlebnis. Es genießt den engen Kontakt mit der Mutter, und jeder, der einmal zugesehen hat, wie eine Mutter ihr Kind stillt, der weiß, wie glücklich das Kind dabei ist.

Hat die Mutter aber eine zu große und unüberwindliche Abneigung gegen das S. sollte sie ihr Kind mit der Flasche ernähren. Sie ist deswegen nicht etwa eine schlechtere Mutter.

 

 

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