Gesundheitslexikon
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Geburtshilfe

Im Stichwort Geburt ist der Ablauf des normalen Geburtsvorganges geschildert. Dabei sind bereits zwei geburtshilfliche Handhabungen erwähnt, der »Dammschutz« und das »Abnabeln« (die Durchtrennung der Nabelschnur, die zunächst noch, nachdem das Kind geboren worden ist, Mutter und Kind miteinander verbindet). In diesem Kapitel hier sollen nun noch weitere Maßnahmen der Geburtshilfe erwähnt werden. Zuvor aber muss gesagt werden, dass 95 von 100 Geburten normal verlaufen, also im Allgemeinen keiner weiteren Hilfen als der beiden eben erwähnten bedürfen. Daran soll jede Frau denken, die selbst bald ein Kind erwartet. Sollte aber eine Frau dann
doch zu den 5 von 100 Frauen gehören, bei denen Schwierigkeiten im Ablauf des Geburtsvorganges auftreten, so kann ihr der Gedanke, dass die moderne Geburtshilfe tatsächlich für alle Möglichkeiten, auch für alle Sonderfälle, vorbereitet und ausgerüstet ist, wirklich ein beruhigender Trost sein. Wehenschwäche und Krampfwehen: Vor allem die Wehenschwäche war früher eine zu fürchtende Komplikation des Geburtsablaufs, weil man der Tatsache, dass die Wehen sich als zu schwach herausstellten, ziemlich hilflos gegenüberstand. Heute hat der Arzt zuverlässig wirkende Mittel zur Verfügung, die er der Gebärenden je nach Bedarf einspritzt. Erweisen sich die Muskelkontraktionen der Gebärmutter als zu schwach, um das Kind in normaler Weise vorwärtszubringen, so wird er ein Mittel wählen, das eine Verstärkung dieser Muskelbewegungen bewirkt; und umgekehrt wird er ein Mittel injizieren, das diese Muskelbewegungen etwas dämpft, wenn etwa zwischen zwei Wehen keine genügende Entspannung der Gebärmuttermuskeln eintritt, wenn also die Wehenbewegungen in einen Krampf übergehen. Eine solche Entspannung ist wichtig, um den beteiligten Muskeln Gelegenheit zu geben, sich für kurze Zeit gründlich auszuruhen und dadurch die notwendige Kraft für die nächste Wehe zu sammeln. Die heutzutage dem Arzt verfügbaren Mittel machen es ihm möglich, den Ablauf des Geburtsvorganges so zu steuern, dass weder durch Wehenschwäche noch durch Krampfwehen eine Verzögerung eintritt, sondern dass die Wehen so kräftig und in solchen zeitlichen Abständen aufeinanderfolgen, dass ein möglichst schneller Ablauf der Geburt erreicht wird. Geburtsschmerz: Der Geburtsablauf ist normalerweise mit Schmerzen verbunden. Wie stark eine Frau unter diesen Schmerzen leidet, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Unter ihnen spielen Angst, Unwissen und falsches Verhalten (= Gegenteil von zweckmäßigem Verhalten mit Anspannung der richtigen Muskeln zur richtigen Zeit während der Geburt) zweifellos eine große und oft vielleicht überhaupt die entscheidende Rolle. Diese Überlegungen haben den englischen Arzt und Geburtshelfer Read veranlasst, seine Methode der »schmerzlosen Geburt« (strenggenommen muss es »schmerzarme Geburt« heißen, denn vollkommene Schmerzfreiheit kann keineswegs erzielt werden) zu entwickeln, bei der es sich um eine entsprechende Schulung der werdenden Mutter (möglichst schon recht bald nach Beginn der Schwangerschaft anfangend und nicht etwa erst im letzten Schwangerschaftsmonat versucht) handelt. Auch bei uns befürworten viele Frauenärzte eine solche Schulung und kümmern sich in dieser Weise um die Frauen, sobald sie zur ersten Schwangerschaftsuntersuchung zu ihnen kommen. Im Prinzip geht es, wie erwähnt, darum, die werdende Mutter über alle für sie wichtigen Vorgänge bei der Geburt ihres Kindes verständlich zu unterrichten, sie anzuleiten, wie sie selbst während der Geburt mithelfen kann, den Verlauf der natürlichen Vorgänge zu fördern, vor allem aber auch, sie zum Üben einer geeigneten Schwangerschaftsgymnastik zu veranlassen, bei der gute Entspannungsübungen im Vordergr und stehen, damit später, während der Geburt, das immer wieder notwendige Ausruhen der Muskeln beherrscht wird – weil eben sonst verkrampfte Muskeln leicht den möglichst schnellen Verlauf der Geburt verzögern können, außerdem der Frau manchmal eine ganze Menge Schmerz bereiten, der eigentlich nicht nötig wäre. Führt eine solche Vorbereitung auf eine »schmerzlose« Geburt zugleich auch noch zu einem guten und selbstverständlichen Vertrauen zu dem Arzt, der dann später bei der Geburt als Helfer dabei sein wird, so besteht tatsächlich alle Aussicht darauf, dass von einer Frau die sogenannte schwere Stunde, in der sie Mutter wird, als leichte Stunde erlebt werden kann. Es wäre nicht recht, würde man jeder werdenden Mutter die Schmerzfreiheit bei der Geburt etwa ganz fest garantieren, wenn sie nur lange genug zuvor bemüht ist, sich in der eben erwähnten Art auf die Geburt vorzubereiten. Es wäre noch viel weniger recht, auf mögliche Verzögerungen des Geburtsverlaufs mit Nachdruck hinzuweisen und dadurch für die Angst eine ständige Quelle zu schaffen. Es ist richtiger, wenn man sagt, dass es trotz der guten Vorbereitung auf die schmerzlose Geburt eventuell – wenn natürlich auch wirklich viel seltener als sonst – zu Schmerzen kommen kann, dass das aber noch lange nicht von neuem ein Angsthaben zu nähren braucht, denn eins haben die Frauen, die in unserer Zeit Mütter werden, den werdenden Müttern früherer Generationen ganz sicher voraus: Sie können gewiß sein, dass ihnen wirksam geholfen werden kann, wenn ihr Leiden unter Geburtsschmerzen größer ist, als sie von sich aus gern und zuversichtlich ertragen wollen. Früher war der Arzt mit Recht möglichst zurückhaltend in der Anwendung schmerzbetäubender Mittel während der Geburt, denn es bestand die Gefahr, dass mit der Schmerzlinderung zugleich eine nachteilige Verlangsamung des Geburtsablaufs oder eine Beeinträchtigung des Kindes durch das Mittel eintrat, das möglicherweise von der Mutter durch die enge Verbindung zwischen mütterlichem und kindlichem Blut auf das Kind überging. Man hat deshalb die damals verfügbaren Mittel (Chloroform oder Chloräthyl) möglichst nur in dem Augenblick angewandt, in dem der Kopf des Kindes «einschneidet« – das ist im Stichwort Geburt näher erklärt – und der erfahrungsgemäß die stärksten Schmerzen mit sich bringt. Die moderne medizinische Forschung hat Mittel geschaffen, die auch in den übrigen Phasen des Geburtsablaufs, wenn es notwendig ist, angewandt werden können, die für Mutter und Kind bei richtiger Dosierung ungefährlich sind und die den Geburtsablauf nicht verzögern. Dammriß: Bei der Schilderung des normalen Geburtsverlaufs wurde der «Dammschutz« erwähnt. Gelegentlich reicht auch dieser zusätzliche Schutz des Damms –also jener Muskelschicht, die zwischen Scheideneingang und After liegt – durch die Hand der Hebamme oder des Arztes nicht aus. Gibt diese Muskelschicht nicht genügend nach, wenn der Kopf des Kindes durch den Scheideneingang hindurchgepreßt wird, so reißt sie ein. Das ergibt eine Wunde, die vom Arzt genäht werden muss, damit die DammMuskulatur später wieder vollkommen intakt ist und ihre stützende Aufgabe für die inneren Geschlechtsorgane erfüllen kann. Diese ärztliche Versorgung des Dammrisses geschieht, nachdem auch die Nachgeburt geboren worden ist, in Narkose, braucht also nicht etwa als besonders schmerzhaftes Ereignis gefürchtet zu werden. Besondere Lagen des Kindes: Bei der normalen Geburt liegt das Kind so in der Gebärmutter, dass sein Hinterkopf der «vorangehende« Teil ist (Hinterhauptslage). Das ist, wie erwähnt, in 95 von 100 Geburten so. Dagegen spricht man von Fuß, Steiß- oder Gesichtslage des Kindes, wenn es mit einem dieser Teile seines Körpers zuerst zur Welt kommt. Auch diese Lagen des Kindes erlauben oft noch eine sogenannte Spontangeburt, also eine Geburt ohne komplizierte ärztliche Hilfeleistung. Nur eine »Querlage«, bei der das Kind sozusagen quer vor dem Ausgang aus der Gebärmutter liegt, erfordert in jedem Fall ärztliches Eingreifen. Der Arzt muss dabei eine Wendung des Kindes vornehmen, um den Kopf oder den Steiß zum «führenden« Teil zu machen. Zangengeburt und Kaiserschnitt: Die ärztliche Geburtshilfe muss weiterhin dann einsetzen, wenn das Leben der Mutter oder des Kindes in Gefahr zu kommen droht. Das kann der Fall sein durch ein zu enges Becken der Mutter, durch eine bedrohliche Wehenschwäche, die durch Medikamente nicht zu beeinflussen ist, durch unnormale Anheftung des Mutterkuchens in der Gebärmutter oder durch Vergiftungserscheinungen der schwangeren Frau kurz vor der Geburt (siehe dazu »Eklampsie« im Stichwort Nierenerkrankungen). Die Geburtszange – ein Instrument, das mit seinen beiden löffelartigen Backen den Kopf des Kindes fest umfaßt, so dass der Arzt, der nun einen Zug an der angelegten Zange ausübt, die Geburt des Kindes wesentlich fördern kann –findet bei manchen dieser Geburtsschwierigkeiten Anwendung. Ein neueres Instrument, das in manchen entsprechenden Fällen die Zange ersetzen kann, ist der sogenannte Vakuumextraktor, ein den Griffen der Geburtszange entsprechender Handgriff, der mittels einer Art Saugglocke am Kopf des Kindes befestigt wird und es so dem Arzt gestattet, durch Ziehen den Geburtsvorgang zu fördern. Der Vakuumextraktor hat gegenüber der üblichen Geburtszange den Vorteil, dass der Kopf des Kindes durch die Saugglocke weniger belastet wird als durch die beiden Löffel der Zange, die durch die Kraft der Hände des Geburtshelfers fest an den Kopf des Kindes gelegt gehalten werden müssen. – In andern Fällen muss ein »Kaiserschnitt« ausgeführt werden. Dieser Kaiserschnitt befreit das Kind von der Notwendigkeit, sich durch den engen natürlichen Geburtsweg zwängen zu müssen, indem er ihm einen viel bequemeren Weg durch die Vorderwand der Gebärmutter und die Bauchwand der Mutter hindurch eröffnet; für die Mutter selbst ist der in Narkose ausgeführte Eingriff eine keineswegs etwa besonders gefährliche Operation – für das Kind ist er, wie gesagt, der bequemste Weg, um auf die Welt zu kommen.

 

 

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